In meinem Freundeskreis haben sich vor zwei Jahren gleich zwei junge Männer (Anfang 20) als schwul geoutet. Geahnt hatte ich das schon eine Weile, war deshalb nicht überrascht. Das Outing wurde von allen uns bekannten Leuten positiv aufgenommen, in unserem gegenseitigen Verhalten änderte sich nichts, außer dass ich mit den beiden ab und zu ein bißchen harmlos flirte.
Ich beneide jeden Schwule für sein Outing, ich bewundere jeden für den Mut sich zu outen, obwohl das ja heute nicht mehr ganz so dramatisch ist, wie in meiner Jugendzeit.
Ich habe es nie gepackt mich öffentlich als Bisexueller zu outen, es wissen nur wenige Leute davon, meine beiden Ehefrauen wussten es nicht, nur wenigen Freundinnen sagte ich es und die waren selbst bi.
Als ich in meiner frühen Jugend meine ersten Bi-Erfahrungen machte und ich merkte, dass Jungs die gleiche sexuelle Anziehungskraft auf mich haben wie Mädchen, war ich zuerst total verwirrt. Das Wort "Bisexuell" kannte ich lange nicht, ich dachte ich wäre schwul und das war damals in den 70er Jahren noch etwas ganz schlimmes, geächtetes, krank und dazu gesetzlich verboten.
Mit diesem Gefühl durchlebte ich meine Pubertät, hatte ein schlechtes Gewissen, hatte Angst vor Entdeckung, denn ich konnte auch nicht aufhören, Sex mit Jungs zu haben. Ich hatte Freundinnen und fühlte mich doch immer wieder zu Jungs hingezogen, ich litt darunter und dachte, ich wäre der einzige Mensch auf der Welt, der so unnormal ist.
Ich habe mich mit den Jahren mit meiner Bisexualität angefreundet, konnte sie irgendwann viel entspannter ausleben.
Trotzdem habe ich auch heute noch ab und zu Phasen wo ich mir wünsche, ich wäre entweder richtig schwul oder richtig hetero und nicht irgendwas zwischendrin.